Judo und der Teeweg

Was hat Judo mit der Teezeremonie, Chado, zu tun?
Japanischen Meister, aus verschiedenen "Do"-Disziplinen, ermahnen ihre westlichen Schüler immer wieder, sich mit dem Konzept des Weges auseinanderzusetzen.
Chado ist nicht nur Teetrinken, Judo nicht nur Sport.

Begibt sich der neue Judoka auf den Weg, wird er durch Regeln begleitet. Direkte, praktische, wie die, sich die Nägel zu schneiden, um den Partner, und sich selbst, nicht zu verletzen. So wie man Fechter daran erkennt, dass sie sich die linke Hand geben, so erkennt man Judokas an ihren kurz geschnittenen Nägeln.
Und dann die Regeln, die auf mancher Homepage eines Judo-Vereins als Judo-Werte zu finden sind.
Zu Beginn jedes Trainings gibt es eine kurze Zeremonie des Angrüßens und am Ende des Abgrüßens. Die Trainierenden knien sich in einer Sitzhaltung ab, die im japanischen Seiza genannt wird. Ein Trainierender ruft alle Teilnehmenden mit "Mukso" zu einer kurzen Meditation auf, die Konzentration wird auf das kommende Training gelenkt, der Alltag wird draußen gelassen.
Der Trainer wird mit "Re" begrüßt. Manchmal hört man auch "Sensei ni Re", Lehrer wir grüßen dich. Die Begrüßung wird mit einer Verbeugung, einer ersten von vielen im Training, abgeschlossen.

Ein höher graduierter Schüler wird beim Erlernen der Kata immer wieder auf kleine Details hingewiesen. Die Kata, japanisch für Form, stellt eine formalisierte Demonstration von Techniken dar. Die Kata ist auf den Zuschauer ausgerichtet, keine persönlichen Interpretationen des Ausführenden sollen den Zuschauer vom Betrachten und Lernen der Techniken ablenken.
Jede Kata beginnt mit einer Begrüßung der Zuschauer und einer Begrüßung des Partners. Bei jedem Kata-Training wird der Schüler darauf hingewiesen, wie er sich zu verbeugen hat, wie er seine Hände bei der Begrüßung auf der Matte abzulegen hat. Und hier sehen wir wieder ein Detail aus der Teezeremonie.

Die Verbeugung vor dem Lehrer, dem Partner oder dem Gegner vor einem Turnierwettkampf mag für einen Menschen, der in der westlichen Kultur aufgewachsen ist, zuerst seltsam aussehen.
Im Westen ist man es gewöhnt, den Respekt vor dem Gegenüber durch ein Händeschütteln auszudrücken.
Die Verbeugung ist einfach und praktisch, bedeutet das gleiche. Wer sie in einem Turnier seinem Gegner verweigert, wird vom Turnier ausgeschlossen.

Wer zu einer Teezeremonie in ein Teehaus eintritt, wird auch dort den Alltag vor der Tür lassen. Auch die Samurai Japans ließen ihr Schwert an einem extra dafür angebrachten Gestell draußen. Nicht nur das Schwert wird, buchstäblich oder bildlich, vor der Tür gelassen, auch Rang und Stellung. Alle Teilnehmer sind gleich. Wer an einem Judo-Training teilnimmt, wird erleben, wie sich das natürlicherweise einstellt.

Warum wählte der Begründer des Judo, Jigoro Kano, den Namen "Judo"? Jigoro Kano hatte lange Jiujitsu trainiert und hatte über verschiedene Namen nachgedacht. Von Anfang an wollte er nicht nur die Fähigkeiten ("jutsu"), sondern den Weg ("do") vermitteln. Judo soll ein Einstieg in den "Weg" sein, das ein weit umfassenderes Konzept ist. Der Weg geht weit über das Erlernen von Methoden oder Fähigkeiten hinaus.
Das Konzept des Do-Weges hat seinen Ursprung im Tao. In einer taoistischen Schrift heißt es, "Willst Du siegen, gib nach". Dies ist sicher eine der kürzesten und treffendsten Beschreibungen, wie Judo funktioniert.

Bild: Volker Kintzinger Text: Winfried Janz

 

Zurück